Um es vorweg zu sagen, auch wenn diese Seite so benannt ist. Mein Vater hat sich nie als Politiker im klassischen Sinn verstanden. Er war Lehrer, Fachmann, der in die Politik ging, um für eine bestimmte Zeit am Demokratisierungsprozess in der DDR mitzuwirken und die Schule zu entideologisieren. Dafür kandidierte er für die erste, seit 1946, frei gewählte Stadtverordnetenversammlung und dann für das Amt des Stadtrates für Bildung im ersten demokratischen Magistrat seit 1946. In fast 35 Jahre Schuldienst hat er ein enormes Wissen über das Funktionieren von Margot Honeckers Volksbildungssystem erlangt. Er wusste auch, wo man die Hebel ansetzen musste, um zu Entstalinisieren. In seine unmittelbare Umgebung holte er sich deshalb frühere Lehrerkollegen, die er seit Jahrzehnten kannte und denen er vertraute. Leiter des Büros des Stadtrates wurde Jürgen Brand und Stellvertreter des Stadtrates (Staatssekretär) Peter Koepke.

Absetzung aller Ostberliner Schuldirektoren und Neuwahl

Ich bin auf das, was er in der kurzen Zeit in der Politik geleistet hat, unheimlich stolz auf meinen Vater. Kein Mitglied der Ostberliner Stadtregierung (ab Sommer 1990, als Berlin sich eine Verfassung gab, war es eine Landesregierung) hat so konsequent entstalinisiert, wie er. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Abberufung aller Schuldirektoren. Er ordnete an, dass die Lehrerkollegien ihre Schulleiter selbst wählen sollen und er würde dann die förmliche Ernennung vornehmen. Als er die Wahlergebnisse bekam, war er überrascht, wie viele der alten SED-Kader offenbar wiedergewählt wurden. Er schickte seine Vertrauten, seinen Büroleiter und seinen Staatssekretär an diese Schulen. Diesen wurde mitgeteilt, dass die alten Kader sich als alleinige Kandidaten zur Wahl gestellt hatten und die Lehrer per Akklamation abstimmen mussten. Somit trauten sich viele nicht, gegen die alten Kader offen zu stimmen. Er annullierte diese Wahlen und legte eine geheime Wiederholungswahl fest, die unter Aufsicht seiner Vertrauten stattfand und siehe - die Ergebnisse waren komplett anders.

 

Rehabilitation der von Margot Honecker mit Berufsverbot belegten

Berufsverbote gab es im DDR-Volksbildungssystem. Wer dem strengen Regime der Margot Honecker politisch oder aus einem persönlichen Grund missfiel, musste als Lehrer mit Strafe rechnen. Es gab Hunderte von Pädagogen, die aus solchen Gründen ins berufliche Nichts gestürzt wurden. Auf Betreiben des Stadtrates Pavlik wurde eine Kommission zur Rehabilitierung dieser Menschen gebildet. Viele konnten so zu dessen Amtszeit wieder in den Lehrerdienst einsteigen. 

 

Der schulfreie Sonnabend

Das Versprechen 

Vorsitzender des Schulausschusses

Der Posten des Senators ging an nach der Gesamtberliner Wahl vom 2. Dezember 1990 an die CDU. Im Gegenzug besetzte die SPD den Vorsitz des Schulausschusses im Parlament mit meinem Vater. Er hat diesen Ausschuss, in dem auch viel gestritten wurde, sehr souverän fünf Jahre lang geleitet. Im Jahre 1993 besuchte ich eine solche Sitzung im Preußischen Landtag. Mein Vater hatte eine ganz besondere Weise zu zeigen, wie sehr ihn ätzende ideologische Debatten auf den "Zeiger" gehen konnten. Er polterte nicht etwa los, wie andere Vorsitzende, er rief auch selten zur Ordnung. Er rückte mit seinem Stuhl einen halben Meter vom Tisch nach hinten, senkte den Blick auf seine Schuhe. Er betrachtete minutenlang seine Schuhe, als hätte er noch niemals im Leben Schuhe gesehen. Nach ein paar Minuten des Streitens zwischen zwei Fraktionen im Ausschuss bemerkten die "Kampfhennen" das und kriegten sich unverzüglich wieder ein.